1-2 Saul machte vor seinem Sohn Jonatan und vor allen Bediensteten kein Geheimnis daraus, dass er David ermorden wollte. Jonatan aber liebte David sehr. Darum warnte er ihn: »Sei vorsichtig, mein Vater will dich umbringen! Es ist besser, wenn du dich morgen früh hier nicht zeigst. Such dir draußen ein gutes Versteck, und verhalte dich ruhig!
3 Ich selbst will morgen meinen Vater aufs freie Feld hinaus begleiten. Sobald wir in der Nähe deines Verstecks sind, will ich mit ihm über dich sprechen und versuchen herauszufinden, wie die Dinge stehen. Was er mir sagt, will ich dir berichten.«
4 Als Jonatan am nächsten Morgen mit seinem Vater sprach, legte er ein gutes Wort für David ein und warnte den König, sich an seinem Diener zu vergreifen. »David hat dir doch noch nie irgendeinen Schaden zugefügt«, versuchte er seinem Vater klarzumachen. »Im Gegenteil: Er hat dir nur genutzt.
5 Hast du vergessen, wie er sein Leben aufs Spiel setzte, als er den Philister tötete? Und wie der Herr durch ihn den Israeliten zu einem großen Sieg über die Philister verhalf? Du warst doch damals dabei und hast dich mit allen anderen gefreut. Warum willst du diesen unschuldigen Mann nun ermorden? Du lädst schwere Schuld auf dich, wenn du David ohne jeden Grund umbringst.«
6 Da ließ Saul sich von Jonatan umstimmen. Er schwor: »So wahr der Herr lebt: David soll nicht getötet werden.«
7 Jonatan rief David aus seinem Versteck heraus und berichtete ihm alles. Zusammen gingen sie zu Saul, und David diente dem König wie vorher.
8 Beim nächsten Krieg gegen die Philister zog David mit seiner Truppe aus. Auch diesmal schlug er die Feinde vernichtend, so dass ihnen nur noch die Flucht übrig blieb.
9 Eines Tages, als Saul zu Hause mit seinem Speer in der Hand saß und dem Harfenspiel Davids zuhörte, ließ der Herr wieder einen bösen Geist über ihn kommen.
10 Wütend schleuderte Saul den Speer nach David, um ihn an die Wand zu spießen. Doch David sprang zur Seite, die Waffe flog an ihm vorbei und blieb in der Wand stecken. Er floh in sein Haus und beschloss, noch in derselben Nacht die Stadt zu verlassen.
11 Saul ließ Davids Haus sofort von Wachposten umstellen. Sie sollten David töten, sobald er am Morgen das Haus verließ. Davids Frau Michal warnte ihren Mann: »Wenn du dich heute Nacht nicht in Sicherheit bringst, bist du morgen früh tot.«
12 Sie ließ ihn aus einem Fenster an der Hausmauer hinunter. David floh, so schnell er konnte, und entkam seinen Mördern.
13 Michal legte eine Götterfigur in Davids Bett, deckte sie sorgsam zu und legte ihr ein Geflecht aus Ziegenhaaren auf den Kopf.
14 Als Sauls Männer David holen wollten, sagte Michal ihnen: »Er liegt krank im Bett.«
15 Darauf befahl der König: »Dann bringt ihn eben samt Bett zu mir! Ich werde ihn umbringen!«
16 Die Diener gingen noch einmal zu Davids Haus und fanden in Davids Bett die Götterfigur mit dem Geflecht aus Ziegenhaaren.
17 »Warum hast du mich betrogen und meinem Feind zur Flucht verholfen?«, stellte Saul seine Tochter zur Rede. Sie antwortete: »Er drohte: ›Ich bringe dich um, wenn du mich nicht gehen lässt.‹«
18 Durch seine Flucht war David den Händen Sauls entronnen. Er floh zu Samuel nach Rama und erzählte ihm alles, was Saul ihm angetan hatte. Danach gingen die beiden zur Siedlung der Propheten und blieben dort.
19 Sobald Saul hörte, dass David sich in der Prophetensiedlung in Rama aufhielt,
20 schickte er Männer hin, die David gefangen nehmen sollten. Als sie dort ankamen, waren alle Propheten in Ekstase und weissagten unter der Leitung Samuels. Kaum sahen die Boten Sauls die Propheten, kam der Geist Gottes über sie, so dass auch sie in Ekstase gerieten und prophetisch zu reden begannen.
21 Als Saul davon erfuhr, schickte er sogleich andere Boten nach Rama. Doch es ging ihnen nicht anders als den ersten. Und auch die dritte Gruppe, die der König nach Rama sandte, geriet schon bei der Ankunft in Ekstase.
22 Schließlich machte Saul sich selbst auf den Weg. Als er zu der großen Zisterne in Sechu kam, fragte er jemanden: »Wo sind Samuel und David?« »In der Prophetensiedlung in Rama«, bekam er zur Antwort.
23 Schon auf dem Weg dorthin kam Gottes Geist auch auf Saul. Er geriet in Ekstase wie die Propheten und erreichte so ihre Siedlung in Rama.
24 Dort zog er sein Obergewand aus, tanzte vor Samuel umher und weissagte, bis er schließlich hinfiel. Den ganzen Tag und auch die ganze folgende Nacht blieb er halb nackt am Boden liegen. Durch dieses Ereignis entstand die Redensart: »Gehört Saul auch zu den Propheten?«